Mehr als zwanzig Jahre irrten die Bücher aus Seghers‘ Bibliothek in der Welt umher, ehe sie 1955 ihren Platz in der Wohnung von Anna Seghers und Laszlo Radvanyi einnehmen konnten, den sie im heutigen Anna-Seghers-Museum in Berlin-Adlershof noch immer besetzen. Sicher sind durch das erzwungene Exil und die „transitäre“ Existenz der Schriftstellerin auch Lücken entstanden, die wir nie kennen werden. Dennoch zeigt der mehr als 8000 Bände umfassende Bestand der Bibliothek eine weltumspannende Vielfalt an Stimmen aus der Vergangenheit und der Gegenwart der Schriftstellerin bis etwa 1981.
Mehr als zwanzig Jahre irrten die Bücher aus Seghers‘ Bibliothek in der Welt umher, ehe sie 1955 ihren Platz in der Wohnung von Anna Seghers und Laszlo Radvanyi einnehmen konnten, den sie im heutigen Anna-Seghers-Museum in Berlin-Adlershof noch immer besetzen. Sicher sind durch das erzwungene Exil und die „transitäre“ Existenz der Schriftstellerin auch Lücken entstanden, die wir nie kennen werden. Dennoch zeigt der mehr als 8000 Bände umfassende Bestand der Bibliothek eine weltumspannende Vielfalt an Stimmen aus der Vergangenheit und der Gegenwart der Schriftstellerin bis etwa 1981.
Bewegend sind die Überbleibsel aus Seghers‘ Elternbibliothek mit dem Ex Libris der Mutter, Hedwig Reiling, die mit den Mainzer Juden „auf Transport“ ging und deren Spur sich in Piaski, in einem deutschen Konzentrationslager im Osten Polens, verliert. Wie sind diese Bücher wieder an die Tochter gelangt? Anna Seghers hat selbst wenig Biographisches erzählt. Sie war der Meinung, man solle stattdessen ihre Bücher lesen. Durch ihre Kinder Pierre/Peter und Ruth sowie durch überlebende Zeitgenossen weiß man einiges über den Vorkriegsbestand, über die Bücher aus dem französischen und mexikanischen Exil. In großen Essays und in ihren Briefen hat Seghers über ihre wechselnden literarischen Vorlieben Auskunft gegeben, z.B. für die ‚französische‘ Bibliothek mit Racine und Balzac oder für die ‚russische‘ mit Dostojewski und Tolstoi.
Die Bücher stehen äußerlich ordentlich in den Regalen, für die Betrachtende ist aber nicht zu erkennen, nach welchen Prinzipien sie geordnet sind. Man ahnt Vorlieben, Bezüge, Arbeitsfelder; hinzu kommen die bis zuletzt von Freund:innen oder Verehrer:innen ihrer Kunst zugeschickten Widmungsexemplare. Die Digitalisierung macht es nun möglich, quantitative und qualitative Analysen des Bestands vorzunehmen. Aber faszinierender bleibt es, die Bücher in der Hand zu halten, vorsichtig aufzuschlagen und zu sehen, was sie an den Rand geschrieben hat, z.B. zum heftig diskutierten Roman Kindheitsmuster von Christa Wolf.
Es handelt sich um einen Online-Vortrag im Rahmen der Veranstaltungsreihe: Sprachen des Archivs: Von Mehrsprachigkeit und Vielortigkeit mit Margrid Bircken (Berlin). Moderiert wird diese Veranstaltung von Anne-Kathrin Reulecke (Graz), kommentiert von Anke Jaspers (Graz).
ZEIT: Mittwoch, 26. April 2023 um 18.30 Uhr
ORT: Online – Bitte registrieren Sie sich hier.