Sehr geehrte Frau Pöstenyi,
zum Tod Ihres Mannes, unseres Gründungsmitglieds Wolfgang Kohlhaase, darf ich Ihnen im Namen der Anna-Seghers-Gesellschaft Berlin und Mainz e.V. unsere tief empfundene Anteilnahme aussprechen.
Ich hatte im März des letzten Jahres noch die Gelegenheit, aus Anlass seines 90. Geburtstags ein kurzes Gespräch mit ihm am Telefon zu führen. Er kam damals gerade aus dem Urlaub und war, wie er sagte, beim Sortieren der Post. Er hat sich sehr über die vielen positiven Besprechungen zu seinem Geburtstag gefreut, in denen damals schon – wie heute in den zahlreichen Nachrufen in den großen Medien – seine Person und seine künstlerische Leistung gewürdigt werden.
Ich habe mir nach dem Gespräch mit ihm die Kassette mit seinen Filmen von 1953 bis 1988 gekauft und es immerhin geschafft, mir bis heute die Hälfte davon anzusehen (von „Die Störenfriede“ bis „Berlin um die Ecke“), „Solo Sunny“ gab es dann noch im Fernsehen. Spannend fand ich vor allem seine genauen Berichte über die Entstehung der Filme und ihre jeweilige öffentliche Wirkung. Da kann man auch etwas über die Kulturgeschichte der DDR lernen. Für andere Mitglieder der Gesellschaft waren die Filme wichtig, die er mit Konrad Wolf (z.B. „Ich war neunzehn“ oder „Der nackte Mann auf dem Sportplatz“) und Andreas Dresen realisiert hat. Seine öffentlichen Auftritte und Lesungen bleiben in Erinnerung, z.B. in der Stafan Heym-Bibliothek in Adlershof, dem Stadtteil seiner Kindheit und Jugend, in dem auch Anna Seghers seit den 1950er-Jahren lebte, oder auch im Claudius-Club in Potsdam.
Schon im letzten Jahr klagte er über Arthrose sowie Herz- und Atemprobleme und meinte, alles sei so schnell geworden, z.B. die Menschen auf der Friedrichstraße, bei ihm gehe alles viel langsamer als früher. Sehr gefreut hat er sich, dass sein Buch „Erfindung einer Sprache“ aus dem Jahr 1977 jetzt wieder bei Wagenbach erschienen sei, alles Geschichten, die es nicht in einen Film geschafft hätten. Auch über unser Jahrbuch Argonautenschiff haben wir gesprochen, er war positiv überrascht, dass es noch existiert und immer wieder neue Beiträge zu lesen sind. In diesem Zusammenhang bat er mich, Pierre Radvanyi ganz herzlich zu grüßen, was ich auch gemacht habe, leider ist der Sohn von Anna Seghers im letzten Dezember mit 95 Jahren gestorben.
Vor allem wegen der Kinder von Anna Seghers, Ruth und Pierre Radvanyi, hat Wolfgang Kohlhaase lange Jahre dem Vorstand der Anna Seghers-Stiftung angehört und sich dort nicht nur für das Werk von Anna Seghers, sondern auch für die Förderung junger Autorinnen und Autoren eingesetzt. Auch für diese Arbeit sind wir ihm zu Dank verpflichtet.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Willi Ohl
Vorsitzender